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Donnerstag, 11. Mai 2023

INVESTCON-INTERVIEW mit KommR Mag. Dr. Herbert Samhaber


InvestCon sprach mit dem Gründungsobmann der Finanzdienstleister OÖ und Vorsitzenden der Wertpapierunternehmen in der Wirtschaftskammer Österreichs KommR Mag. Dr. Herbert Samhaber über das neue Wertpapierfirmengesetz und die Kooperation zwischen der Dr. Samhaber & Partner Vermögensverwaltungs AG und der InvestCon Finanzconsulting GmbH.


© KommR Mag. Dr. Herbert Samhaber


 
InvestCon:

Mit der EU-Verordnung (Investment Firm Regulation) und Richtlinie (Investment Firm Directive) vom 26. Juni 2021 wurde ein neues Eigenmittelregime für Wertpapierfirmen beschlossen. Mit 1. Februar 2023 wurden die neuen Bestimmungen endlich auch in Österreich umgesetzt und das neue Wertpapierfirmengesetz eingeführt. Was bedeutet das konkret?

Samhaber:

Nun, dieses neue Gesetz ordnet die Rollen am Kapitalmarkt neu. Es wird keine neuen Banken mehr im Wertpapierbereich geben. Österreich hat das mit zwei Jahren Verspätung endlich umgesetzt. In Zukunft steht auch österreichischen Wertpapierfirmen der gesamte Katalog an Wertpapierdienstleistungen gemäß MiFID II offen, womit das Bankenmonopol in diesem Bereich gefallen ist. Zu den bestehenden Konzessionen wird es zukünftig noch neun weitere Konzessionsmöglichkeiten geben, z. B. das Depotgeschäft, Effektengeschäft, Devisengeschäft usw. Und dies wird nun in Österreich sukzessive von den großen Wertpapierfirmen, zu denen auch wir uns zählen, dementsprechend mit Hilfe der Finanzmarktaufsicht umgesetzt.

Es geht in eine Richtung, die ich seit 20 Jahren stark propagiere. Das ist das sogenannte Trennbanken-System. Das bedeutet, dass es zwei voneinander völlig getrennte Systeme gibt, nämlich auf der einen Seite das klassische Bankgeschäft, also Kredit und Sparbuch, und auf der anderen Seite das sog. Investmentgeschäft. All die Probleme, die jetzt wieder im Fall der Credit Suisse oder auch der Silikon-Valley-Bank auftraten, gäbe es nicht, wenn wir ein getrenntes Bankensystem hätten. Das Trennbanken-System hatten die Amerikaner bis zur Clinton-Ära, meinten dann, es würde ohnehin keine Probleme geben und legten wieder alles zusammen. Und dies führte schließlich zur Krise. Die Konsumenten schütze ich dann am besten, wenn sie gar nicht von den Problematiken im Investmentgeschäft betroffen sind.

 

InvestCon:

Nun gibt es seit kurzem eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Dr. Samhaber & Partner Vermögensverwaltungs AG und der InvestCon Finanzconsulting GmbH. Worin sehen Sie den Vorteil dieser Kooperation?

 

Samhaber:

Ich möchte dies vorab mit einem Bild verdeutlichen: da gibt es die Firma InvestCon, das ist sozusagen der praktische Arzt für das Geld, der seit vielen Jahren etabliert ist, und da gibt es die SPV AG als Spezialist, also der Facharzt für die Wertpapiere, wenn man so sagen will, welcher sich genau auf das spezialisiert hat, was die Kunden wollen. Die Kunden wollen, dass ihr Geld verwaltet wird, sie wollen, dass man sich um die Steuern kümmert usw. Und genau das kann ihnen ein Portfolioverwalter im Unterschied zu einem normalen Berater bieten.

Die Zukunft sehe ich in einem Netzwerk gemeinsam mit der InvestCon, und diesbezüglich haben wir auch unsere Verträge ausgerichtet. Als wir mit der Finanzmarktaufsicht darüber gesprochen hatten, meinten diese, dass wir optimal zusammenpassen würden. Der eine hat das, was der andere nicht hat und umgekehrt. Ich hatte in meinem Leben bisher nie einen eigenen Vertrieb. Und InvestCon ist ein Wertpapierunternehmen, welches auf Basis eines gemeinsamen Vertriebes arbeitet. Diese Synergien werden wir gemeinsam nutzen.

Portfolioverwaltung will jeder. Investcon kann dies jetzt indirekt und direkt in sein Portfolio aufnehmen. Dementsprechend kann und wird Investcon in Kooperation mit uns zusammenarbeiten. Die Synergien zeigen sich in vielen Bereichen wie Riskmanagement, Compliance etc. Wir arbeiten sozusagen arbeitsteilig. Die Administration haben wir schon zusammengelegt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind fachlich sehr versiert und verstehen sich auch persönlich gut. Es passt einfach das Klima.

 

InvestCon:

Und auf welches Kundensegment werden sie das Hauptaugenmerk legen?

Samhaber:

Wenn es um Vermögensverwaltung geht, dann sagen die meisten Menschen „So viel Geld habe ich nicht.“  Aber bei uns ist man bereits mit sehr geringen Summen – eine Einzeldepotverwaltung ab 50 000 Euro – gut vertreten. 50 000 Euro sind in Zeiten wie diesen keine große Summe mehr. Die Österreicher haben viel Geld, doch man spricht nicht darüber. Und Geld macht auch – darüber gibt es Studien - in einem gewissen Segment glücklich. Es macht einen Riesenunterschied, ob man 1000 oder 3000 Euro hat; wenn man nun 10000 oder 30000 Euro hat, dann wirkt sich der Unterschied kaum mehr aus. 

 

InvestCon:

Wie schaut die Zusammenarbeit mit InvestCon in der Praxis aus? Welche Veränderungen könnten hier anstehen?

 

Samhaber:

Der Staat will sogenannte Rechtsträger. Er will konzessionierte Unternehmen, die für die Dienstleistungen haften. Eine Portfolioverwaltung kannst du nicht outsourcen. Portfolioverwaltung muss der Portfolioverwalter selbst machen. Er braucht auch den Kunden nicht fragen, welche Wertpapier soll ich hineinnehmen, soll ich tauschen etc. Der Portfolioverwalter hat die Vollmacht vom Kunden, auf seinem Depot mit seinem Geld zu arbeiten. Und das darf man auch nicht dementsprechend vergeben, das muss man selber machen.

Die Vermittlung einer Vermögensverwaltung ist keine Finanzdienstleistung.  Jemand der nur die Portfolioverwaltung vermittelt, erbringt eine Dienstleistung in Form einer Vermittlung. Und damit kann ich viele neue Mitarbeiter ansprechen. Vermitteln darf ich mit fast jedem Gewerbeschein. Die Grenze – und die ist mit der Finanzmarktaufsicht besprochen – liegt bei der Person, die den Vertragsabschluss macht. Dies muss ein durch entsprechenden Eignungstest Befugter sein, der bei der FMA gemeldet ist, im Namen und auf Rechnung des Rechtsträgers, also des Portfolioverwalters.

Portfolioverwaltung will jeder. InvestCon kann dies jetzt indirekt und direkt in sein Portfolio aufnehmen.

Eine besondere Entwicklung zeichnet sich derzeit ab. In Zukunft wird sich das sogenannte Provisionsgeschäft im Wertpapierbereich aufhören. Der Druck seitens der Konsumentenschützer wird immer stärker. Man will, dass – wie es beispielsweise beim Kunden eines Gärtners ist – dass auch der Kunde die Wertpapierdienstleistung direkt bezahlt.

Ein Portfolioverwalter bekommt keine Provision von dritter Seite. Wir leben ausschließlich von der Gebühr, vom Honorar. Dieser Weg ist nicht mehr aufzuhalten. Es gibt kein Honorar von dritter Seite, keine Kick-Backs, keine Provisionen. Das macht das Ganze sehr attraktiv. Alles, was man von dritter Seite erhalten würde, bekommt der Kunde direkt auf sein Depot gutgeschrieben. Das ist ein Riesenparadigmenwechsel, aber es befreit auch die Finanzdienstleister von der Abhängigkeit der Produktproduzenten. Die gesamte Produktindustrie wie die Versicherungsindustrie lebt davon, dass sie Provisionen zahlen. Auch

Wenn ich heute zu einem Rechtsanwalt oder zu einem privaten Arzt gehe, dann weiß jeder, der kostet etwas. Finanzdienstleister müssen lernen, dass sie ein Honorar verlangen.

 

InvestCon:

Findet man in der heutigen Zeit noch genügend qualifizierte und motiviertes Personal?

Samhaber:

Bei den Ausbildenden hat man pro Bundesland derzeit ausreichend Spezialisten. Oberösterreich hat österreichweit die meisten Teilnehmenden bei Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen mit anschließendem Test.

Die Anzahl unserer Mitglieder ist dzt. gleichbleibend. Eines ist jedoch festzustellen: habe ich eine Zwangsausbildung mit Prüfung, so reduziert das die Mitglieder automatisch, d.h. alle Nebenberuflichen sind im Laufe der Jahre weggefallen. Seit einigen Jahren halten wir das Niveau. In OÖ haben wir dzt. rund 1000 Finanzdienstleister. Bei den Vermögensberatern stellen wir fest, dass diese vom Dienstalter logischerweise älter werden. Das durchschnittliche Alter eines heutigen Vermögensberaters liegt eher schon bei 45 bzw. 50 Jahren. Also die sog. jungen Erwachsenen von früher, die darin auch einen Nebenberuf sahen, gibt es heute kaum mehr. Man kann davon wirklich nur gut leben, wenn man dies als Hauptberuf ausübt. Die Arbeit ist mit enormen Zeitaufwand verbunden. Und ich bin ein enormer Befürworter für Qualität statt Quantität.

 

InvestCon:

Wie wirken sich Krisen auf Vermögensverwalter aus?

 

Samhaber:

Die besten Zeiten sind, wenn es draußen kriselt. Das war bei 9/11 so und auch bei anderen Krisen. Der Vermögensverwalter muss nicht nur den Markt ständig beurteilen, sondern auch Änderungen vornehmen. Die Konstante ist die Veränderung im Leben. Ich brauche also jemanden, der verändert. Auch ein Gärtner weiß, wann für welche Pflanzen die richtige Zeit ist und wie man auf Umwelteinflüsse reagieren kann.


InvestCon:

Haben Sie eigentlich im Laufe Ihres Lebens mal Ihre Meinung grundlegend geändert?

 

Samhaber:

Vor 30 Jahren hat mich jemand gefragt, ob er eine Bank gründen soll. Ich sagte ihm scherzhaft, auf alle Fälle, weil Bank und Kirche haben etwas gemeinsam, nämlich den Begriff Glauben. Heute würde ich ihm sagen: Nein, mach eine Wertpapierfirma. Das ist günstiger, einfacher und überschaubarer. Ich bin ein Fan von Leopold Kohr, dem Nationalökonomen. Kohr vertrat die Ansicht, Gruppen sollten auf einer Größe agieren, in der Funktion noch möglich ist, die aber gleichzeitig den Mitgliedern eine Überschaubarkeit erlaubt. Von ihm stammt ja auch ursprünglich das Prinzip „Small ist beautiful“.

 

InvestCon:

Sie haben Rechtswissenschaften und Betriebswirtschaft studiert. Und wie sind Sie in den Finanzbereich gekommen?

Samhaber:

1983 schloss ich mein Studium mit dem Mag. Dr. iuris ab und machte ein Gerichtspraktikum. Bis 1991 war ich in der Industrie tätig und wechselte dann in den Finanzdienstleistungsbereich. Vier Jahre später machte ich die Befähigungsprüfung zum Vermögenberater und Verwalter von beweglichen Vermögen. Ich war Bankprokurist für Private Banking und gründete schließlich 2001 die Dr. Samhaber & Partner Vermögensverwaltungs AG. Seit mehr als 30 Jahren bin ich nun in der Portfolioverwaltung und habe mir dadurch meine Expertise erworben. An der Donau-Universität Krems bin ich seit 1999 Lehrbeauftragter für Wertpapieranalyse und Kapitalmarktrecht, dazu allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Wertpapiergeschäfte und Vermögensberatung, Prüfer und Vortragender im Verband der Gerichtssachverständigen. Naja, und zu alldem bin ich auch noch Autor mehrerer Fachbücher und Verfasser von Fachartikeln im Kapitalmarktrecht.  

 

InvestCon:

Haben Sie ein Lebensmotto?


Samhaber:

Es ist die Bereitschaft, konsequent auf Veränderungen positiv zu reagieren. Die meisten Menschen sind sehr fixiert in ihrer Denkweise, weil sie an das, was sie kennen unbedingt festhalten wollen. Aber es ist kein Festhalten möglich. Die Konstante im Leben ist die Veränderung.


InvestCon:

Vielen Dank für das Gespräch.

  

Kurzsteckbrief:

KommR Mag. Dr. Herbert Samhaber

geb. am 20. 5. 1960

verheiratet, zwei Söhne

Gründer und Vorstandsvorsitzender der Dr. Samhaber & Partner Vermögensverwaltungs AG

Geschäftsführer der Samhaber & Partner Service GmbH




Die Analyse dient nicht als konkrete Handelsempfehlung. Eine Haftung für Vermögensschäden ist ausgeschlossen. Konsultieren Sie vor Anlageentscheidungen Ihren INVEST-CON Berater. 

 

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