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Freitag, 23. Februar 2024

INTERVIEW MIT FRAU Univ.-Prof.in Dr.in Dorothea Greiling, Institute for Management Accounting, Johannes-Kepler-Universität Linz

 

1. Frau Prof. Greiling, Sie sind seit 2008 Leiterin des Instituts Management Accounting an der Johannes-Kepler-Universität Linz. Was hat Sie seinerzeit bewogen, Deutschland zu verlassen und nach Österreich zu kommen?

Foto: Frau Univ.-Prof.in Dr.in Dorothea Greiling

Ich ergriff die Chance, ein eigenes Universitätsinstitut aufzubauen und damit wissenschaftlich gestalten zu können. Außerdem war ich in einem Alter, in dem ich nach 10 Jahren des Fernpendelns von Burghausen nach Mannheim und Darmstadt als Mutter zweier Kinder nach den akademischen Wanderjahren an einem Ort ankommen wollte. 

Trotz eines weiteren Rufes nach Freiburg habe ich mich entschieden an der JKU zu bleiben. 




Die Forschungsbedingungen sind in Österreich besser als in Deutschland. Der Ruf an die JKU hat mir auch die Möglichkeit eröffnet, DoktorandInnen und HabilitantInnen zu betreuen. Das Begleiten von internen und externe DoktorandInnen und HabiltandInnen bereitet mir nach wie vor große Freude. 

An einer Universität als Institutsvorstand zu arbeiten empfinde ich als ein großes Privileg des österreichischen Steuerzahlers und bin dafür sehr dankbar. Österreich ist ein interessantes, landschaftlich und kulturell sehr schönes Land.

 

2. Was dürfen wir unter dem Begriff „Management Accounting“ verstehen und wo liegen die Schwerpunkte Ihrer Forschungs- und Lehrtätigkeit?

Management Accounting ist das das englische Wort für Controlling. Als ich an die JKU kam, hatte ich die einmalige Chance ein neues Institut aufzubauen. Damals habe ich mein Institut eindeutig im strategischen Controlling positioniert.

In der Lehre ist mein Institut auf allen Qualifikationsebenen vertreten. Mein Institut betreut sehr große Studieneingangsveranstaltungen, u.a. in der Kostenrechnung und dem Kostenmanagement. Ich war eine der zentralen Promotorinnen, dass es im deutschsprachigen Bachelorstudium Betriebswirtschaftslehre nicht nur einen Controllingschwerpunkt gibt, sondern auch eine Spezialisierung im Bereich Sustainable Management. Aufgrund meiner internationalen Ausrichtung, ist mir der englischsprachige Bachelor, gerade in dem Industriebundesland Oberösterreich, ein Herzensanliegen. Im Master Finance und Accounting betreue ich regelmäßig Seminare, die CSR-Themen aufgreifen. Als wissenschaftliche Leiterin betreue ich auch einen Weiterbildungs-MBA in Health Care Management für Führungskräfte des Gesundheitswesens.

In der Forschung liegt der Hauptschwerpunkt seit den 2010er Jahren, noch bevor die JKU dies zu einem ihrer interdisziplinären Exzellenzfelder gemacht hat, auf Themen der Nachhaltigkeitsberichterstattung oder, wie es seit der EU-Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) heißt, dem ESG-Reporting, und deren Umsetzung in die interne Unternehmenssteuerung mittels entsprechender strategischer und operativer Steuerungsinstrumente. Seit 2015 schließt dies auch das SDG-Reporting und das SDG-Management ein. Hauptanwendungsfelder sind, durch meine wissenschaftliche Herkunft, öffentliche Unternehmen, Nonprofit-Organisationen, Krankenhäuser und jene Branchen mit einem besonders großen CO2-Fußabdruck (z.B. zahlreiche Energieversorger oder die Bauwirtschaft).

 

3. In den letzten Jahrzehnten hat nicht nur die Politik, sondern vermehrt auch die Wirtschaft ihren Fokus auf ökologische und soziale Aspekte gelegt. Welchen Beitrag kann Ihr Institut dabei leisten?

Hierzu ist wichtig, dass ich meine wissenschaftlichen Qualifikationsschritte (Promotion und Habilitation) an einem Lehrstuhl für Public und Nonprofit Management an der exzellenten BWL-Fakultät der Universität Mannheim gemacht habe. Seitdem gehören Fragen der mehrdimensionalen Erfolgsmessung und des Performance Managements zu meinen Forschungsschwerpunkten. Für mein Interesse an ökologischen und sozialen Aspekten seit den 1990er Jahren wurde ich lange belächelt ebenso, dass ich mich mit Unternehmen beschäftige, die in ihrer institutionellen Widmung sich nicht der Shareholder Value Maximierung widmen, sondern eine Public- oder Social Value-Orientierung haben. Zwei meiner aktuellen Forschungsprojekte beschäftigen sich z. B. damit, wie öffentliche Unternehmen und Nonprofit-Organisationen sich auf die Umsetzung der CSRD vorbereiten und wie die ökologische Unternehmenssteuerung ausgebaut wird. Als neuen inhaltlichen Schwerpunkt werden mein Team und ich uns der Frage der Biodiversität im Reporting und der Unternehmenssteuerung widmen sowie erneut den ökologischen Transformationsaktivitäten der Energiewirtschaft. Die Umsetzung der CSRD und der SDGs wird uns in verschiedenen Branchen und Sektoren weiter begleiten. Wissenschaftlich spannende Bereiche sind dabei die Stadtwerke, die öffentlichen Unternehmen der Wasserversorgung sowie Familienunternehmen.

 

4. Non-Profit-Organisationen übernehmen zahlreiche und oftmals unverzichtbare Aufgaben in unserem Gemeinwesen und sind auf öffentliche Förderungen, private Spenden und das Engagement von Freiwilligen angewiesen. Dabei finden sie sich oftmals in Konkurrenz zueinander. Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein und welche Lösungsmöglichkeiten sollten dabei verstärkt ins Auge gefasst werden?

Meine aktuellen Forschungsprojekte verdeutlichen, dass in den großen sozialen Nonprofit-Organisationen die finanzielle Tragfähigkeit eine conditio sine qua non ist, neben der ihnen Legitimitäts-verleihenden sozialen Zweckwidmung. Als wesentliche jüngere Herausforderung Intensivierung des ökologischen Nachhaltigkeitsmanagements an. Dazu haben die großen sozialwirtschaftlichen NPOs (z.B. Caritas, Diakonie, Volkshilfe) häufig einen sehr pragmatischen Zugang.

Bei der Frage der Konkurrenz der sozialen NPOs ist der Wettbewerb um Arbeitskräfte derjenige, der am stärksten ist. Die großen sozialwirtschaftlichen NPOs haben schon seit längerem ihr Fördermittelmanagement und ihr Spendenmanagement professionalisiert. Bei den ehrenamtlich Engagierten merken die NPOs den demographischen Wandel und das rückgehende Interesse an einem längerfristigen Engagement. Als Partner von Firmen im Rahmen von CSR-Initiativen haben die großen NPOs an Bedeutung gewonnen. Auf gesellschaftspolitischer Ebene arbeiten die sozialwirtschaftlichen NPOs sehr gut zusammen, z. B. bei dem Thema Kinderarmut. Seit der Bekämpfung der COVID Pandemie werden die Leistungen der sozialwirtschaftlichen NPOs wieder in einem positiveren Licht gesehen. Ihre Bedeutung als essenzieller Teil der sozialen Infrastruktur wird weitestgehend anerkannt. Zur Bewältigung der gesellschaftlichen Krisen braucht es seitens aller Akteure mehr Mut und Freiräume für innovative Lösungen.

 

5. Sie sind seit 2021 Präsidentin von CIRIEC (International Centre of Research and Information on the Public, Social and Cooperative Economy). Was kann diese internationale Nichtregierungsorganisation zur Bewältigung aktueller Herausforderungen beitragen?

CIRIEC ist eine weltweit agierende Nichtregierungsorganisation, die kurz nach dem zweiten Weltkrieg gegründet wurde und finanziell von öffentlichen, genossenschaftlichen und sozialwirtschaftlichen Mitgliedsunternehmen sowie kompetitiven öffentlichen Fördermitteln finanziert wird. Im Zentrum von CIRIEC stehen Unternehmen der öffentlichen und sozialen Daseinsvorsorge. CIRIEC ist auch gut auf der supranationalen Ebene (z.B. EU-Kommission, Internationale Arbeitsorganisation, diverse UN-Gremien) vernetzt und berät diese Gremien. Mit den Unternehmensmitgliedern in 11 nationalen Sektionen und den affiliierten Mitgliedern bearbeiten wir aktuelle Fragestellen, beispielsweise zu Umsetzung der SDGs, der Ausgestaltung der Governance und Accountability öffentlicher Unternehmen oder zum Impact Measurement in der Sozialwirtschaft. Für mich ist CIRIEC seit 30 Jahren ein zentrales Standbein meiner anwendungsorientierten, international vergleichenden wissenschaftlichen Forschung. Unsere letztjährige sehr erfolgreiche Tagung in Seoul mit TeilnehmerInnen aus 41 Staaten stand unter dem Thema "Building forward better: Social and solidarity economy for a peaceful and fair world", der diesjährige Kongress in Costa Rica, widmet sich dem Thema "Strategies for a territorial and human development".

 

Hobby: Reisen und Wandern

Lieblingsbuch: Pride and Prejudice von Jane Austen

Leibspeise: Kräutertopfen mit Kartoffeln und Salat (von meinem Mann, Friedrich Schneider zubereitet)

 


Die Analyse dient nicht als konkrete Handelsempfehlung. Eine Haftung für Vermögensschäden ist ausgeschlossen. Konsultieren Sie vor Anlageentscheidungen Ihren INVEST-CON Berater.

  

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