1. Frau Prof. Greiling,
Sie sind seit 2008 Leiterin
des Instituts Management Accounting an der Johannes-Kepler-Universität Linz.
Was hat Sie seinerzeit bewogen, Deutschland zu verlassen und nach Österreich zu
kommen?
Foto: Frau Univ.-Prof.in Dr.in Dorothea Greiling
Ich ergriff die Chance, ein eigenes Universitätsinstitut aufzubauen
und damit wissenschaftlich gestalten zu können. Außerdem war ich in einem
Alter, in dem ich nach 10 Jahren des Fernpendelns von Burghausen nach Mannheim
und Darmstadt als Mutter zweier Kinder nach den akademischen Wanderjahren an
einem Ort ankommen wollte.
Trotz eines weiteren Rufes nach Freiburg habe ich mich entschieden an der JKU zu bleiben.
Die Forschungsbedingungen sind in Österreich besser als in Deutschland. Der Ruf an die JKU hat mir auch die Möglichkeit eröffnet, DoktorandInnen und HabilitantInnen zu betreuen. Das Begleiten von internen und externe DoktorandInnen und HabiltandInnen bereitet mir nach wie vor große Freude.
An einer Universität als Institutsvorstand zu arbeiten empfinde ich als ein großes Privileg des österreichischen Steuerzahlers und bin dafür sehr dankbar. Österreich ist ein interessantes, landschaftlich und kulturell sehr schönes Land.
2. Was dürfen wir unter dem Begriff
„Management Accounting“ verstehen und wo liegen die Schwerpunkte Ihrer
Forschungs- und Lehrtätigkeit?
Management Accounting ist das das
englische Wort für Controlling. Als ich an die JKU kam, hatte ich die einmalige
Chance ein neues Institut aufzubauen. Damals habe ich mein Institut
eindeutig im strategischen Controlling positioniert.
In der Lehre ist mein Institut auf
allen Qualifikationsebenen vertreten. Mein Institut betreut sehr große
Studieneingangsveranstaltungen, u.a. in der Kostenrechnung und dem
Kostenmanagement. Ich war eine der zentralen Promotorinnen, dass es im
deutschsprachigen Bachelorstudium Betriebswirtschaftslehre nicht nur einen
Controllingschwerpunkt gibt, sondern auch eine Spezialisierung im Bereich
Sustainable Management. Aufgrund meiner internationalen Ausrichtung, ist
mir der englischsprachige Bachelor, gerade in dem Industriebundesland
Oberösterreich, ein Herzensanliegen. Im Master Finance und Accounting betreue
ich regelmäßig Seminare, die CSR-Themen aufgreifen. Als wissenschaftliche
Leiterin betreue ich auch einen Weiterbildungs-MBA in Health Care Management für
Führungskräfte des Gesundheitswesens.
In der Forschung liegt der
Hauptschwerpunkt seit den 2010er Jahren, noch bevor die JKU dies zu einem ihrer
interdisziplinären Exzellenzfelder gemacht hat, auf Themen der
Nachhaltigkeitsberichterstattung oder, wie es seit der EU-Corporate
Sustainability Reporting Directive (CSRD) heißt, dem ESG-Reporting, und deren
Umsetzung in die interne Unternehmenssteuerung mittels entsprechender
strategischer und operativer Steuerungsinstrumente. Seit 2015 schließt dies
auch das SDG-Reporting und das SDG-Management ein. Hauptanwendungsfelder sind,
durch meine wissenschaftliche Herkunft, öffentliche Unternehmen,
Nonprofit-Organisationen, Krankenhäuser und jene Branchen mit einem besonders
großen CO2-Fußabdruck (z.B. zahlreiche Energieversorger oder die
Bauwirtschaft).
3. In den letzten Jahrzehnten hat
nicht nur die Politik, sondern vermehrt auch die Wirtschaft ihren Fokus auf
ökologische und soziale Aspekte gelegt. Welchen Beitrag kann Ihr Institut dabei
leisten?
Hierzu ist wichtig, dass ich meine
wissenschaftlichen Qualifikationsschritte (Promotion und Habilitation) an einem
Lehrstuhl für Public und Nonprofit Management an der exzellenten BWL-Fakultät
der Universität Mannheim gemacht habe. Seitdem gehören Fragen der
mehrdimensionalen Erfolgsmessung und des Performance Managements zu meinen
Forschungsschwerpunkten. Für mein Interesse an ökologischen und sozialen
Aspekten seit den 1990er Jahren wurde ich lange belächelt ebenso, dass ich mich
mit Unternehmen beschäftige, die in ihrer institutionellen Widmung sich nicht
der Shareholder Value Maximierung widmen, sondern eine Public- oder Social
Value-Orientierung haben. Zwei meiner aktuellen Forschungsprojekte beschäftigen
sich z. B. damit, wie öffentliche Unternehmen und Nonprofit-Organisationen sich
auf die Umsetzung der CSRD vorbereiten und wie die ökologische
Unternehmenssteuerung ausgebaut wird. Als neuen inhaltlichen Schwerpunkt werden
mein Team und ich uns der Frage der Biodiversität im Reporting und der Unternehmenssteuerung
widmen sowie erneut den ökologischen Transformationsaktivitäten der
Energiewirtschaft. Die Umsetzung der CSRD und der SDGs wird uns in
verschiedenen Branchen und Sektoren weiter begleiten. Wissenschaftlich
spannende Bereiche sind dabei die Stadtwerke, die öffentlichen Unternehmen der
Wasserversorgung sowie Familienunternehmen.
4. Non-Profit-Organisationen
übernehmen zahlreiche und oftmals unverzichtbare Aufgaben in unserem
Gemeinwesen und sind auf öffentliche Förderungen, private Spenden und das
Engagement von Freiwilligen angewiesen. Dabei finden sie sich oftmals in
Konkurrenz zueinander. Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein und welche
Lösungsmöglichkeiten sollten dabei verstärkt ins Auge gefasst werden?
Meine aktuellen Forschungsprojekte
verdeutlichen, dass in den großen sozialen Nonprofit-Organisationen die
finanzielle Tragfähigkeit eine conditio sine qua non ist, neben der
ihnen Legitimitäts-verleihenden sozialen Zweckwidmung. Als wesentliche jüngere
Herausforderung Intensivierung des ökologischen Nachhaltigkeitsmanagements an.
Dazu haben die großen sozialwirtschaftlichen NPOs (z.B. Caritas, Diakonie,
Volkshilfe) häufig einen sehr pragmatischen Zugang.
Bei der Frage der Konkurrenz der
sozialen NPOs ist der Wettbewerb um Arbeitskräfte derjenige, der am stärksten
ist. Die großen sozialwirtschaftlichen NPOs haben schon seit längerem ihr
Fördermittelmanagement und ihr Spendenmanagement professionalisiert. Bei den
ehrenamtlich Engagierten merken die NPOs den demographischen Wandel und das
rückgehende Interesse an einem längerfristigen Engagement. Als Partner von
Firmen im Rahmen von CSR-Initiativen haben die großen NPOs an Bedeutung
gewonnen. Auf gesellschaftspolitischer Ebene arbeiten die
sozialwirtschaftlichen NPOs sehr gut zusammen, z. B. bei dem Thema Kinderarmut.
Seit der Bekämpfung der COVID Pandemie werden die Leistungen der
sozialwirtschaftlichen NPOs wieder in einem positiveren Licht gesehen. Ihre Bedeutung
als essenzieller Teil der sozialen Infrastruktur wird weitestgehend anerkannt.
Zur Bewältigung der gesellschaftlichen Krisen braucht es seitens aller Akteure
mehr Mut und Freiräume für innovative Lösungen.
5. Sie sind
seit 2021 Präsidentin von CIRIEC (International Centre of Research and
Information on the Public, Social and Cooperative Economy). Was kann diese internationale
Nichtregierungsorganisation zur Bewältigung aktueller Herausforderungen
beitragen?
CIRIEC ist eine weltweit agierende
Nichtregierungsorganisation, die kurz nach dem zweiten Weltkrieg gegründet
wurde und finanziell von öffentlichen, genossenschaftlichen und
sozialwirtschaftlichen Mitgliedsunternehmen sowie kompetitiven öffentlichen
Fördermitteln finanziert wird. Im Zentrum von CIRIEC stehen Unternehmen der
öffentlichen und sozialen Daseinsvorsorge. CIRIEC ist auch gut auf der
supranationalen Ebene (z.B. EU-Kommission, Internationale Arbeitsorganisation,
diverse UN-Gremien) vernetzt und berät diese Gremien. Mit den
Unternehmensmitgliedern in 11 nationalen Sektionen und den affiliierten
Mitgliedern bearbeiten wir aktuelle Fragestellen, beispielsweise zu Umsetzung
der SDGs, der Ausgestaltung der Governance und Accountability öffentlicher Unternehmen
oder zum Impact Measurement in der Sozialwirtschaft. Für mich ist CIRIEC seit
30 Jahren ein zentrales Standbein meiner anwendungsorientierten, international
vergleichenden wissenschaftlichen Forschung. Unsere letztjährige sehr
erfolgreiche Tagung in Seoul mit TeilnehmerInnen aus 41 Staaten stand unter dem
Thema "Building forward better: Social and solidarity economy for a
peaceful and fair world", der diesjährige Kongress in Costa Rica, widmet
sich dem Thema "Strategies for a territorial and human development".
Hobby: Reisen und Wandern
Lieblingsbuch: Pride and Prejudice von
Jane Austen
Leibspeise: Kräutertopfen mit
Kartoffeln und Salat (von meinem Mann, Friedrich Schneider zubereitet)
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